1 Im fünfzehnten Regierungsjahr des Kaisers Tiberius Tiberius wurde am 19. August des Jahres 14 n.Chr. der Nachfolger des Kaisers Augustus, aber schon Ende 11 n.Chr. ward er dessen Mitherrscher. Das 15. Regierungsjahr des Tiberius ist nun wahrscheinlich nach diesem letzten Zeitpunkt zu berechnen: es wäre also das Jahr 26 n.Chr. oder das zwölfte Jahr des Tiberius als Alleinherrscher. Gerade dieses Jahr bezeichnet auch der alte Kirchenlehrer Tertullian (gestorben nach 220 n.Chr.) gelegentlich als das Jahr, in dem Johannes der Täufer aufgetreten sei. - als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war Von Frühlingsbeginn 26 bis dahin 36 n.Chr., während Herodes Von 4 v.Chr. bis 39 n.Chr. in Galiläa, sein Bruder Philippus Von 4 v.Chr. bis 34 n.Chr. in den Landschaften Ituräa In der Gegend von Cäsarea Philippi. und Trachonitis Östlich vom See Genezaret. und Lysanias Seine Regierungszeit ist unbekannt; der ältere Lysanias starb schon 34 v.Chr. in dem Gebiet von Abila Etwa 26 Kilometer nordwestlich von Damaskus. als Vierfürsten Der Name Vierfürst, den Herodes Antipas, Philippus und Lysanias II. trugen, war der Titel eines kleinen, abhängigen Fürsten, der an Rang und Machtstellung geringer war als ein König. herrschten -

2 zu der Zeit, als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren Hannas: von 3 v.Chr.(?) bis 16 n.Chr.; Kaiphas, sein Schwiegersohn: 18 (?) bis Frühling 36 n.Chr. Das Hohepriestertum wurde zwar nie von zwei Männern gleichzeitig verwaltet; da aber Hannas nach seiner Absetzung noch lange Jahre großen Einfluß behielt, so nennt ihn Lukas mit, und zwar an erster Stelle (vgl. Apg. 4,6).: da Vielleicht schon im Spätfrühling des Jahres 26 n.Chr. erging Gottes Auftrag an Johannes, des Zacharias Sohn, der in der Wüste lebte 1,80..

3 Er trat auf in der Jordangegend und verkündigte dort überall die Taufe, die von Sinnesänderung begleitet sein müsse, damit man Vergebung der Sünden empfangen könne.

4 So erfüllte sich das Wort in dem Buch der Reden des Propheten Jesaja Jes. 40,3-5.: In der Wüste ruft eine Stimme: Bereitet dem Herrn den Weg, ebnet ihm die Pfade!

5 Jedes Tal soll ausgefüllt, jeder Berg und Hügel soll abgetragen werden. Die krummen Bahnen sollen sich in gerade wandeln, die holprigen Wege in glatte Alle im Volk vorhandenen Hindernisse für ein heilbringendes Kommen des Messias sollen beseitigt werden..

6 Und alle Welt soll schauen Gottes Heil.

7 Johannes sprach nun zu den Scharen, die hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen: "Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch denn gesagt, daß ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt?

8 So bringt denn Früchte, wie sie der Sinnesänderung entsprechen! Beruhigt euch nur nicht bei dem Gedanken: 'Wir haben ja Abraham zum Vater!' Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen hier dem Abraham Kinder erstehen lassen.

9 Es liegt auch schon die Axt den Bäumen an der Wurzel; und jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen."

10 Da fragten ihn die Leute: "Was sollen wir denn tun?"

11 Er antwortete ihnen: "Wer zwei Unterkleider hat, der schenke eins davon dem, der keines hat; und wer zu essen hat, der mache es ebenso!"

12 Es kamen auch Zöllner, um sich von ihm taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: "Meister, was sollen wir tun?"

13 Er antwortete ihnen: "Fordert nicht mehr (von den Leuten), als vorgeschrieben ist!"

14 Ferner fragten ihn Kriegsleute Jüdische Soldaten im Dienst der Römer und des Vierfürsten Herodes.: "Was sollen wir denn tun?" Denen antwortete er: "Erpreßt kein Geld durch Drohung oder Quälereien, sondern seid zufrieden mit eurer Löhnung!"

15 Als aber die Leute voll Spannung waren und alle bei sich dachten, ob Johannes nicht gar der Messias sei,

16 da gab Johannes allen zur Antwort: "Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der hat größere Gewalt als ich; und ich bin nicht wert, ihm seine Schuhriemen aufzubinden: der wird euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen.

17 Er hat schon die Wurfschaufel in der Hand, um seine Tenne zu reinigen: den Weizen sammelt er in seinen Speicher; aber die Spreu wird er verbrennen mit einem Feuer, das niemand löschen kann."

18 Auch noch viele andere ernste Worte richtete er an das Volk, indem er ihm die Heilsbotschaft verkündigte.

19 Der Vierfürst Herodes aber, der wegen Herodias, der Frau seines Bruders, und wegen all seiner anderen Frevel oft von Johannes gerügt worden war,

20 setzte seinen Übeltaten dadurch die Krone auf, daß er Johannes ins Gefängnis werfen ließ.

21 Mit allen anderen Leuten ließ sich auch Jesus taufen. Während er betete, tat sich der Himmel auf,

22 und der Heilige Geist schwebte in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf ihn hernieder. Zugleich sprach eine Stimme aus dem Himmel: "Du bist mein Sohn, ich habe dich heute gezeugt So lautet hier wahrscheinlich die ursprüngliche Lesart. Durch dieses Wort aus Ps. 2,7 wurde Jesus als Gesalbter Gottes und als König Israels kundgemacht; er ward damit in seinen Messiasberuf eingesetzt. Dieselbe Psalmstelle wird Apg. 13,33 (vgl. Röm. 1,4) auf Jesu Auferstehung und Hebr. 5,5 (vgl. Hebr. 1,5) auf Jesu Einsetzung in das himmlische Hohepriestertum gedeutet.."

23 Als Jesus seine Wirksamkeit Als Messias. begann, war er etwa dreißig Jahre alt Ich nehme an, daß Jesus etwa fünf Monate nach dem Auftreten Johannes des Täufers, d.h. im Herbst des Jahres 26 n.Chr., seine öffentliche Wirksamkeit begonnen hat. Ist er im Jahre 4 v.Chr. geboren, so war er damals wohl genau 30 Jahre alt. Ist er aber, wie der Berliner Professor O. Gerhardt meint, schon im Jahr 7 v.Chr. geboren, so zählte er ungefähr 33 Jahre. Der Ausdruck des Lukas: "er war etwa 30 Jahre alt" paßt auf beide Fälle. - Als Jahreszeit für Jesu Geburt nimmt L. Schneller den Sommer an (Kennst du das Land? S.34ff.). Hippolyt (um 230) nennt den 2. April als Jesu Geburtstag. Daß Jesus am 25. Dezember geboren ist, beruht nicht auf einer geschichtlichen Überlieferung (vgl. meine Abhandlung über die Kirche, S.216). - Nach einer bestimmten Angabe des alten Kirchenvaters Tertullian fällt der Tod Jesu in das Jahr 29 unserer Zeitrechnung. O. Gerhardt aber meint in seiner Schrift "Der Stern des Messias" (Leipzig 1922) nach astronomischen Berechnungen, daß für Jesu Todestag, der auf Freitag, den 15. Nisan, fiel, nur der 7. April des Jahres 30, was am wahrscheinlichsten sei, oder der 27. April 31 in Frage komme.. Er galt für einen Sohn Josefs Obwohl Josef nicht Jesu leiblicher Vater war, so wurde er doch äußerlich und rechtlich dafür angesehen.. Der war Elis Sohn,

24 der Matthats, der Levis, der Melchis, der Jannais, der Josefs,

25 der des Mattathias, der des Amos, der Nahums, der Eslis, der Naggais,

26 der Maaths, der des Mattathias, der Semeins, der Josechs, der Jodas,

27 der Jochanans, der Resas, der Serubabels, der Sealthiels, der Neris,

28 der Melchis, der Addis, der Kosams, der Elmodams, der Hers,

29 der Josuas, der Eliesers, der Jorims, der Matthats, der Levis,

30 der Simeons, der Judas, der Josefs, der Jonams, der Eliakims,

31 der Meleas, der Mennas, der Mattathas, der Nathans, der Davids,

32 der Jesses, der Obeds, der des Boas, der Salmas, der Nahessons,

33 der Aminadabs, der Admins, der Arnis, der Hezrons, der des Perez, der Judas,

34 der Jakobs, der Isaaks, der Abrahams Zu V.34-38 vgl. 1. Mos. 11,10-32; 5,3-32., der Tharahs, der Nahors,

35 der Serugs, der Regus, der Pelegs, der Ebers, der Selahs,

36 der Kenans, der Arpachsads, der Sems, der Noahs, der Lamechs,

37 der Methusalahs, der Henochs, der Jareds, der Mahalaleels, der Kenans,

38 der des Enos, der Seths, der Adams; der war ein Sohn Gottes Sofern er durch eine unmittelbare Schöpfungstat Gottes ins Dasein trat. - Manche ältere und neuere Ausleger behaupten, wie Matthäus den Stammbaum Josefs mitteile, so gebe Lukas den Stammbaum Marias. Eli (V.23) sei der Vater Marias. Aber er werde auch als Vater Josefs aufgeführt, weil Maria eine Erbtochter gewesen und ihr Gatte deshalb nach ihrem Namen genannt worden sei (Nehem. 7,63). Fände sich hier jedoch wirklich der Stammbaum Marias, so hätte Lukas dies ohne Zweifel klar zum Ausdruck gebracht. Lukas gibt ebenso wie Matthäus einen Stammbaum Josefs, womit er aber ebensowenig wie Matthäus die davidische Abkunft Jesu beweisen will. Während Matthäus durch diesen Stammbaum an die Gemeinschaft des Messias mit Abraham, dem Ahnherrn Israels, erinnert, will Lukas durch seine Geschlechtstafel den geschichtlichen Zusammenhang zwischen Jesus und Adam darlegen. Indem er zunächst eine Namenreihe von Josef bis David gibt, bringt er damit zum Ausdruck, daß sich in Jesus die dem Hause Davids gegebenen Verheißungen erfüllt haben. Indem er dann die Geschlechtsreihe weiterführt bis zu Abraham, gibt er dadurch zu verstehen, daß Jesus auch die dem Stammvater Israels geschenkten Verheißungen verwirklicht hat. Und indem er endlich von Abraham bis zu Adam hinaufgeht, deutet er an, daß Jesus, der Sohn Davids und Abrahams, auch zugleich der Menschensohn und der zweite Adam ist. - Während Matthäus von Abraham bis Christus 3 x 14 Geschlechter zählt, nennt Lukas, Adam eingeschlossen, im ganzen 75 Vorfahren Josefs. - Doch abgesehen von diesen Eigentümlichkeiten finden sich zwischen den Geschlechtstafeln des Matthäus und des Lukas noch andere bedeutungsvolle Unterschiede: 1. Josef ist bei Matthäus ein Sohn Jakobs, bei Lukas ein Sohn Elis. 2. Josef ist zwar auch bei Lukas ebenso wie bei Matthäus ein Nachkomme Serubabels, aber durch ganz andere Zwischenglieder. 3. Serubabel ist auch bei Lukas ein Sohn Sealthiels, doch stammt er nicht durch Salomo, wie bei Matthäus, sondern durch Nathan von David ab (2. Sam. 5,14). - Der um 230 n.Chr. schreibende christliche Arzt Julius Afrikanus, der sich in Palästina bei damals dort noch lebenden Nachkommen Josefs hat erkundigen können, gibt nun in bezug auf diese Unterschiede folgende Aufschlüsse: 1. Nach dem Tod Elis, der keine Kinder hinterließ, heiratete sein leiblicher Bruder Jakob nach dem Gesetz 5. Mos. 25,5ff. Elis Witwe. Beider Sohn war Josef, der Mann Marias, der also, wie Matthäus angibt, ein leiblicher Sohn Jakobs war, während er gesetzlich als Sohn Elis, wie ihn Lukas nennt, angesehen wurde. 2. Wenn Josef nach Lukas durch ganz andere Zwischenglieder von Serubabel abstammt als nach Matthäus, so erkläre sich dies daraus, daß Jakob und Eli Stiefbrüder waren, deren Väter aus verschiedenen Linien des Hauses Davids stammten. Jakob, Josefs leiblicher Vater, war der Sohn Matthans (Matth. 1,15) und seiner Gattin Estha. Nach Matthans Tod heiratete Estha den Melchi. Beider Sohn war Eli, so daß Josefs leiblicher Vater Jakob und sein gesetzlicher Vater Eli dieselbe Mutter, aber verschiedene Väter hatten. Bei dieser Überlieferung kommen aber die von Lukas 3,24 erwähnten Glieder Matthat und Levi gar nicht in Betracht. Diese Lücke wird nun durch die Nachricht ausgefüllt, auch die beiden Luk. 3,24 genannten Matthat und Levi seien Söhne Melchis und Esthas. Während Lukas Matthat und Levi als den Vater und den Großvater Elis bezeichne, seien Eli, Matthat und Levi in Wirklichkeit Brüder gewesen. Alle drei: Levi, Matthat und Eli hätten nach dem Gesetz der Schwägerehe (vgl. Luk. 20,27-33) dieselbe Frau gehabt, die dann schließlich, weil alle drei Brüder kinderlos starben, die Frau ihres Stiefbruders Jakob und die Mutter Josefs, des Mannes der Maria, geworden sei. Schwierig ist bei dieser Erklärung nur, daß sich Lukas, der doch auch bei dem Geschlechtsregister allen Einzelheiten mit Sorgfalt nachgegangen sein wird (1,3), eines Fehlers schuldig gemacht haben soll. 3. Die Verschiedenheit, daß Josef nach Matthäus durch Salomo, nach Lukas durch Nathan von David abstammt, erkläre sich so, daß Josefs leiblicher Vater Jakob dem Geschlecht Salomos, sein gesetzlicher Vater Eli dagegen dem Geschlecht Nathans angehöre. - Weder Matthäus noch Lukas erwähnen ausdrücklich, daß auch Maria aus dem Haus Davids stamme. Darüber findet sich auch sonst im ganzen Neuen Testament kein unzweideutiges Zeugnis. Man hat nun gemeint, es sei ganz selbstverständlich, daß auch Maria ebenso wie Josef dem Geschlecht Davids angehöre; denn da jeder Israelit verpflichtet gewesen sei, nur aus seinem Stamm und Geschlecht ein Weib zu nehmen, so habe der zu Davids Geschlecht gehörende Josef seine Gattin auch nur aus dem Stamm Juda und dem Haus Davids wählen dürfen. Doch die Verpflichtung, die man hier voraussetzt, hat nicht bestanden. Denn 4. Mos. 36, worauf man sie gründen will, redet nur von einem ganz besonderen Ausnahmefall. Als allgemeine Regel aber galt, daß sich jeder Israelit seine Gattin nach freier Wahl aus irgendeinem Stamm und Geschlecht seines Volkes nehmen durfte. Nur die Priester und Hohenpriester waren in dieser Hinsicht gewissen Beschränkungen unterworfen (3. Mos. 21,7-15). Wir wissen z.B., daß sich David, der dem Stamm Juda angehörte, ein Weib aus dem Stamm Benjamin nahm: Michal, die Tochter Sauls (1. Sam. 18,27), und daß der Hohepriester Jojada trotz seiner Zugehörigkeit zu dem Stamm Levi die Tochter des Königs Joram aus dem Stamm Juda ehelichte (2. Chron. 22,11). - Die griechischen und die lateinischen Kirchenlehrer sind aber nichtsdestoweniger davon überzeugt, daß auch Maria dem Geschlecht Davids angehörte, obwohl sie dabei anerkennen, daß Lukas ebenso wie Matthäus eine Stammtafel Josefs und nicht etwa Marias gebe. Und zwar folgerte man die davidische Herkunft der Maria namentlich aus Röm. 1,3 (zu vergleichen wäre hier auch noch 2. Tim. 2,8; Hebr. 7,14). Ja der Kirchenvater Tertullian (gestorben nach 220 n.Chr.) meint, die Geschlechtsregister bei Matthäus und Lukas wären zwecklos, wenn Maria nicht auch aus Davids Haus stammte. Dagegen gesteht der berühmte Kirchenvater Augustin, obwohl er an Marias davidischer Abstammung streng festhält, ein geschichtlicher Nachweis aus dem Neuen Testament lasse sich dafür nicht geben. Doch er meint: selbst wenn es sich beweisen ließe, daß Maria durch keine Bande des Blutes mit Davids Haus verknüpft sei, so müsse Jesus gleichwohl schon deshalb als Sohn Davids gelten, weil er rechtlich als Sohn Josefs angesehen worden sei. Dieses äußere Rechtsverhältnis genüge nach jüdischem Bewußtsein völlig für seine Zugehörigkeit zu dem Haus Davids. - Der Kirchenlehrer Justin der Märtyrer (gestorben um 165 n.Chr.) ist wahrscheinlich der erste, der Marias Herkunft aus dem Haus Davids ganz bestimmt vertreten hat. Alt ist die Meinung, Maria stamme aus priesterlichem Geschlecht ebenso wie ihre Verwandte Elisabet. Als Marias Vater wird der Priester Joakim genannt. (Vgl. Th. Zahn: Das Evangelium des Lukas.).