1 Warum sind die Heiden so wild erregt? Ps. 1 hat ebenso wie Ps. 2 keine Überschrift. Daraus hat man schon im Altertum geschlossen, daß die beiden Psalmen ein Ganzes gebildet hätten. Aber dies ist kaum anzunehmen, weil der Inhalt der beiden Psalmen zu verschieden ist. Wohl aber läßt sich denken, daß Ps. 1 gleichsam eine Vorrede zu dem ganzen Psalter sein soll. Und dazu eignet er sich auch vortrefflich./ Warum sinnen die Völker, was nichtig ist? Was ohne Verstand und Bestand ist.
2 Der Erde Könige lehnen sich auf, / Und die Würdenträger beraten sich / Wider Jahwe und seinen Gesalbten:
3 "Auf, laßt uns sprengen ihre Bande / Und von uns werfen ihre Seile!"
4 Der in den Himmeln thronet, lacht, / Adonái spottet ihrer.
5 Dann aber Wenn die Zeit seiner Langmut und Geduld zu Ende ist. redet er sie an im Zorn / Und wird sie schrecken in seinem Grimm:
6 "Ich habe meinen König eingesetzt / auf Zion, meinem heilgen Berg!" Ihr wollt euch auflehnen? Ich habe meinen König eingesetzt! Wie könnt ihr also Jahwes Machtwillen widerstehen?
7 "Ich will verkünden Jahwes Spruch: Jetzt ergreift der gesalbte König selbst das Wort und verkündigt, was er kraft göttlichen Verheißungsspruches ist und kann. / Er hat mir gesagt: 'Mein Sohn bist du, / Ich habe dich heute gezeugt! D.h. ich habe dich durch die Salbung in das Königtum eingesetzt.
8 Fordre von mir, so geb ich dir Völker zum Erbe / Und die Enden der Erde zum Eigentum.
9 Du sollst sie zerschmettern mit eisernem Stab, / Wie Töpfergeschirr sie zerschlagen!'" Vgl. Offb. 2,27; 12,5; 19,15.
10 Nun denn, ihr Könige, seid verständig! Die Ermahnung richtet sich an die Könige insgemein. / Lasset euch warnen, ihr Richter auf Erden!
11 Dienet Jahwe mit Ehrfurcht / Und jubelt ihm zu mit Zittern! Das Jubeln soll verbunden sein mit Zittern der Ehrfurcht, denn Gott ist ein verzehrendes Feuer (Hebr. 12,28).
12 Küsset Küssen bedeutet huldigen. Samuel küßte den Saul (1. Sam. 10,1), und damit huldigte er ihm als König. den Sohn, damit er Jahwe. nicht zürne / Und ihr umkommet auf euerm Weg! / Denn bald wird sein Zorn entbrennen. / Heil allen, die bei ihm Zuflucht suchen! Ps. 1 beginnt mit einem Heilruf, Ps. 2 endigt damit. / Ps. 2 hat keine Überschrift mit dem Namen des Verfassers. Apg. 4,25 wird er David zugeschrieben. Es ist aber unmöglich, seinen Verfasser und die Zeit seiner Abfassung näher zu bestimmen. Der Psalm zerfällt in vier Strophen, jede Strophe hat drei Verse. In der ersten Strophe (V.1-3) sieht der Psalmist die Völker der Erde in offenem Aufruhr gegen Jahwe und den von ihm gesalbten König. In der zweiten Strophe (V.4-6) schaut der Dichter über diesem wilden Kriegsgetümmel Jahwe in ruhiger Erhabenheit auf seinem Thron und hört sein Zorneswort an die Empörer. In der 3. Strophe (V.7-9) ergreift dann der von Jahwe gesalbte König das Wort und redet auf Grund eines göttlichen Verheißungsspruchs von seiner Königsweihe und seinem Anrecht auf die Weltherrschaft. In der 4. Strophe (V.10-12) wendet sich der Psalmist an die Könige der Erde und rät ihnen mit dem Hinweis auf Gottes künftiges Zorngericht, Jahwe und seinem Gesalbten in Demut zu huldigen. - Die Worte des 2. Psalms passen in ihrem Vollsinn auf keinen König aus Davids Hause. Sie weisen vielmehr prophetisch hin auf den, der nicht nur Davids Sohn ist, sondern auch Davids Herr (Ps. 110,1). Jesus ist der Christus, der Gesalbte, der Sohn Gottes. Das "Heute" im 7. Vers des 2. Psalms ist der Tag seiner Auferstehung und Himmelfahrt, wodurch er, der seinem Wesen nach der ewige Sohn des Vaters ist, auch als wahrhaftiger Mensch zu der Machtfülle des Sohnes Gottes erhoben und in das himmlische Hohepriestertum eingesetzt worden ist, so daß er nun einen Namen zum Erbe empfangen hat, der keinem Engel je zuteil geworden ist (Apg. 13,33; Röm. 1,3; Hebr. 5,5; 1,5). Als wahrhaftiger Mensch besitzt der Sohn alle Macht im Himmel und auf Erden (Matth. 28,18). In dieser Königsmacht und Königsherrlichkeit wird er dereinst erscheinen, um an dem großen Tag des "Zornes" des Lammes (Offb. 6,17) alle seine Feinde zu vernichten. - Nach Apg. 4,25-28 haben sich die ersten beiden Verse unseres Psalms schon zum Teil erfüllt in der Feindschaft Israels und der Heiden gegen Jesus, Gottes heiligen Knecht, und gegen seine Bekenner. Aber erst am Schluß der christlichen Welt- und Völkergeschichte, in dem großen Endkampf zwischen Christus und Antichristus samt seinen Verbündeten wird sich dieser wunderbare prophetische 2. Psalm in vollem Maße erfüllen (Offb. 19,11-21, bes. V.15; 17,12-14; 2. Thess. 2,8). - Möchte das ernste Wort der Mahnung und Warnung in der 4. Strophe des Psalms von allen christlichen Machthabern beherzigt werden, solange noch die Zeit der Gnade währt!